Die Bildvorlage macht beim Bildtransfer eine Wandlung durch: Zum einen ergibt oft schon der neue Untergrund eine völlig andere Optik. Zum anderen zeigt das transferierte Bild im Vergleich zum Original einen Verlust an Farbe und Details. Manchmal werden sogar ganze Teile nicht übertragen.

Viele sind dann erst einmal enttäuscht, denn ihr Ziel ist eine 1:1 Übertragung. Aber beim genaueren Hinschauen merkt man, dass in den Fehlern ein Gewinn steckt.
Gewinn an Atmosphäre
Eine Fotografie ist zunächst einmal ein mehr oder weniger genaues Abbild eines Gegenstandes, eines Lebewesens, einer Pflanze, eines Ortes oder was auch immer. Falls möglich, versucht man bei der Aufnahme des Bilds schon eine Stimmung einzufangen. Die Bildbearbeitung ist eine weitere Möglichkeit, die Atmosphäre zu verdeutlichen.
Die Entscheidung, auf welchen Untergrund das Bild übertragen werden soll und welche Technik für den Transfer gewählt wird, gibt die Richtung vor, in der sich das Originalbild wandeln wird. Bestimmte „Fehler“ treten bei speziellen Verfahren häufiger aus als bei anderen.
Ein Beispiel: Für einen exakten Lavendelumdruck (Lösungsmittel) ist ein geeigneter Toner entscheidend. Ein guter Toner erlaubt einen satten, farbintensiven Umdruck, vorausgesetzt, man hat Geduld und reibt sorgfältig so lange über die Vorlage, bis sich der Toner gelöst hat und auf den neuen Untergrund übertragen wurde. Ist der Toner nicht geeignet oder man schließt den Transfer zu schnell ab, erhält man einen blassen, ätherisch-zart wirkenden Übertrag. Das kann bei einer entsprechenden Vorlage durchaus ein Gewinn sein!
Fehlende Bildteile erinnern an den Verlauf der Zeit
Beim Klebetransfer mit Potch und Gel-Medium passiert es besonders häufig, dass die Verklebung nicht optimal verlaufen und ganze Bildteile nicht übertragen wurden. Mir ist das auch schon beim Transfer mit der Gelliplatte passiert. Die Papiervorlage blieb auf der alten Platte kleben, der Transfer war misslungen.
Solche Risse, Falten und Abrisse erinnern an alte Plakatwände, abblätternde Farbe und ähnliche Zeichen der Zeit. Möchte man sie gezielt herstellen, muss man sich in der jeweiligen Technik gut auskennen. Manchmal aber werden uns solche Fehler geschenkt, und wir können überlegen, wie sie am besten genutzt werden.
Fehler absichtlich herstellen
Oft soll ein Bild etwas bewirken, z.B. beim Betrachten eine bestimmte Stimmung auslösen oder den Zusammenhang von abgebildetem Gegenstand und seiner Verwendung zu verdeutlichen. Dafür sind absichtlich hergestellte Fehler beim Transfer ideal. Flüchtiges Arbeiten, schraffierter anstelle von flächigem Transfer, eingebaute Reservierungen, absichtliches Überdrucken … es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, durch fehlerhaften Transfer die Fantasie der Betrachter abzuregen.
Durch Fehler zur Interpretation
Nicht nur aus der Literatur kennen wir den Trick, die Fantasie Lesender dadurch anzuregen, dass nicht alles im Detail beschrieben wird. Ein Dialog im Buch weckt unser Interesse, wenn Andeutungen mitschwingen.
So ist das auch in der bildenden Kunst. Bestimmte Arten von Fehler wecken unsere Aufmerksamkeit, wollen erklärt und gedeutet und durch unsere eigene Fantasie ergänzt werden. Wir Betrachter geben unseren Teil an Deutung und Bedeutung hinzu.
Fehlende Teile wollen ergänzt werden
Die Verwandlung, die ein Bild durch den Transfer erlebt, kann noch weiter unterstützt werden, indem Details herausgearbeitet und Serien angelegt werden und kombiniert wird mit Farbe, Kritzelei und Collage. Mit solchen zusätzlichen Techniken kann die tiefe Bedeutung, die ein Bild für uns hat, im Bearbeiten für uns selbst verdeutlicht werden. Und auch für einen Betrachter.
Ganz toll! Wer definiert, was ein Fehler ist?
Super Frage! Von der Arbeit einer Kursteilnehmerin, die darin Fehler sieht, bin ich oft ganz begeistert! Ist es die Abweichung von Vorstellungen, die wir als Fehler wahrnehmen? Dabei sind sie doch so bereichernd!
Liebe Grüße Tanja, wie schön, dass du reinschaust in den Blog!